Mittwoch, 13. Februar 2013

+++SCHACHTJOR DONEZK - Brasilien in Orange+++



Herr über Schachtjor Donezk: Oligarch und Milliardär Rinat Achmetow

Schachtjor Donezk lockt Stars mit Millionen. An diesem Mittwoch (20.45 Uhr) sind die Ukrainer Dortmunds Gegner im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League.

In Dortmund wird man die Meldung mit Erleichterung vernommen haben: Der brasilianische Nationalspieler Willian verließ Anfang Februar Schachtjor Donezk und wechselte für 35 Millionen Euro Ablöse zum russischen Klub Anschi Machatschkala. In dem Vierundzwanzigjährigen verlor der ukrainische Meister und Gegner der Borussia im Achtelfinale an diesem Mittwoch seinen wohl wichtigsten Spieler.

„Das ist sehr schade,“ sagte Mircea Lucescu, seit 2004 Trainer in Donezk. „Er hätte noch viel mit uns erreichen können.“ Die „Schachtjorui“ (Bergarbeiter) sind selbstbewusst geworden in den vergangenen Jahren, nationalen und internationalen Erfolgen sei Dank: 2009 der Sieg im Uefa-Cup-Finale gegen Bremen, 2011 der Einzug ins Viertelfinale der Champions League - gegen den FC Barcelona.

Einzig ein Vorfall in der Gruppenphase der aktuellen Champions-League-Saison trübt das Bild: Beim Sieg über den dänischen Klub Nordsjælland Ende November brach Stürmer Luiz Adriano die Regeln des fußballerischen Anstandes und schoss einen Ball, der nach einer Spielunterbrechung eigentlich an die Dänen gehen sollte, einfach ins Tor. Der Treffer zählte.

Adriano ist Brasilianer, und in der langen ukrainischen Winterpause, die noch bis zum ersten März dauert, hat der Verein einen weiteren Landsmann eingekauft, der als möglicher Nachfolger Willians gehandelt wird: Taison Barcellos Freda wurde für 15 Millionen Euro Ablöse von Metalist Charkow abgeworben. „Ich hatte auch eine Anfrage von Chelsea“, sagte der Fünfundzwanzigjährige am Freitag bei seiner Vorstellung in den orangenen Klubräumen. „Aber ich wollte schon lange zu Schachtjor“.

Wie vor Willians Abschied stehen damit Trainer Lucescu wieder acht Brasilianer zur Verfügung. Alle im Sturm und im Mittelfeld, in der Abwehr rackern Osteuropäer - bis auf einen Rumänen allesamt Ukrainer. Nur zwei Stürmer, Marko Devic und Henrik Mkhitaryan, wurden nicht in Brasilien geboren. Achten sollte Dortmund vor allem auf Letzteren: Der Armenier hat sich der brasilianischen Konkurrenz zum Trotz zum torgefährlichsten Spieler des Vereins entwickelt.

In der heimischen „Premier Liga“ ist Donezk längst eine Klasse für sich. Schachtjor ist dank 17 Siegen in 18 Spielen mit 51 Punkten unangefochtener Spitzenreiter vor dem Zweitplatzierten Dnepr Dnepropetrowsk (38 Punkte) und dem ewigen Konkurrenten Dynamo Kiew (37 Punkte). Seit 20 Jahren teilen sich Donezk und Kiew die Meisterschaft der „Premier Liga“ untereinander auf, aber in den vergangenen drei Jahren haben die „Orangenen“ aus Donezk die „Blauen“ aus der Hauptstadt Kiew stets überflügelt. Das dürfte vielen in der grauen ostukrainische Stadt wichtiger sein als jeder internationale Erfolg.

Zu verdanken hat Donezk den Aufstieg vor allem einem: Rinat Achmetow. Der in Donezk geborene Oligarch liegt mit einem geschätzten Vermögen von 16 Milliarden Dollar in der Rangliste der Zeitschrift Forbes auf dem zweiten Platz unter den reichsten Russen und Ukrainern - deutlich vor Chelsea-Eigner Roman Abramowitsch, dessen Team im vergangenen Jahr die Champions League gewann. Achmetow, ein früherer Profiboxer, hat sein Vermögen vor allem mit Kohleschächten und Stahlwerken gemacht. 1996 übernahm er Schachtjor, investierte seitdem hohe Summen in eine konkurrenzfähige Mannschaft und stellte die funkelnde „Donbass-Arena“ (52.000 Plätze, 400 Millionen Euro Baukosten) zwischen die Donezker Plattenbauten.

Achmetow soll über exzellente Kontakte zum wiedergewählten Präsidenten Viktor Janukowitsch verfügen, der ebenfalls aus Donezk stammt und den Uefa-Cup-Sieg seines Heimatvereins in Szene zu setzen wusste. Fußball ist in der Ukraine immer auch Politik. Als Janukowitsch im Jahr 2004 bei der Orangenen Revolution gestürzt wurde, als sich die Ukraine nach Westen wandte und die alte sowjetische Elite abzuschütteln versuchte, da ging in Donezk niemand auf die Straßen. Hier, im Osten des Landes, will man lieber Russisch anstatt Ukrainisch sprechen und wehrt sich gegen eine Öffnung nach Europa.

Mittlerweile haben sich die Räder der Revolution in dem politisch gespaltenen Land zurückgedreht, Janukowitsch, der Mann aus Donezk, regiert wieder in Kiew, und frühere Revolutionäre wie Julia Timoschenko sitzen im Gefängnis. Das hatte im Sommer BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke dazu veranlasst, seinen Besuch bei der Europameisterschaft abzusagen. Heute ist Timoschenko zwar immer noch in Haft, aber dieses Mal kommt Watzke mit in die Ukraine. Donezk sei kein Wunschgegner, sagte Watzke. „Es ist eine richtig schwere Aufgabe“. Zugleich bezeichnete er es als einen „kleinen Vorteil“, dass die Saison in der Ukraine noch nicht begonnen hat. Plötzlich geht es dann doch nur um Fußball.

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